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SCHWEDEN

„Schweden – zu weit nördlich für Corona“… Solche Slogans, halb ironisch, halb ernst vorgetragen, waren es, die den Mythos vom schwedischen Sonderweg durch die Corona-Katastrophe begründeten. Von Anfang an wählten die Schweden rund um ihren Staatsepidemiologen Anders Tegnell einen anderen Ansatz als der Rest der Welt. Sie setzten auf Eigenverantwortlichkeit statt auf Lockdowns und Restriktionen. „Lagom“ ist das schwedische Wort, das die Idee dahinter vielleicht am besten beschreibt. „Lagom“ meint: Ausgleich, das rechte Maß, nicht zu viel und nicht zu wenig. Lagom ist ein Lebensgefühl.

 

Doch man sollte sich nicht täuschen lassen vom Selbstbild Schwedens als moralische Supermacht: Das Land hat in der Krise einen hohen Preis bezahlt, vor allem in den Alten- und Pflegeheimen gab es viele Tote. Ein Untersuchungsausschuss wurde eingesetzt, für Schweden sehr ungewöhnlich. Viele beginnen, Fragen zu stellen. Doch es gibt auch eine andere Seite. Die schwedische Gesellschaft ist bei Weitem nicht so gespalten wie etwa die deutsche. Lagom.

Location

Schweden

Zeitraum

2020 & 2021

Matts, ein professioneller Musher, der seit mehr als 20 Jahren vom Hundeschlitten-Tourismus lebt, musste während der Pandemie 25 seiner Hunde verkaufen, weil er kaum noch Einnahmen hat. Nils arbeitet als Manager in der Mine von Kiruna, dem wichtigsten Arbeitgeber in schwedisch Lappland. Jeden Morgen um halb zwei bebt die ganze Stadt, weil tausend Meter tief in der Erde 80.000 Tonnen Eisenerz aus dem Gestein gesprengt werden. Viele Häuser haben Risse, bald wird die ganze Stadt umgesiedelt. Die andere Seite: Niila, ein Rentierzüchter der Sami, berichtet, wie der Abbau des wertvollen Eisenerzes seine Tiere verstört. Sie finden ihre alten Migrationsrouten, die sie von Generation zu Generation weitergeben, nicht mehr, weil plötzlich Zäune im Weg stehen und ganze Hügelkuppen fehlen. Immer wieder verirren sich die Rentiere und werden mittlerweile mit Hilfe von tief fliegenden Drohnen dazu gebracht, einen anderen Weg zu wählen. Niilas Schuhe: Die gekrümmte Spitze sorgt dafür, dass sie fest in der Bindung der Skier sitzen. Lappland ist ein Kulturraum jenseits nationaler Grenzen. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass Kenneth, der eigentlich aus finnisch Lappland stammt, seit vielen Jahren in Schweden lebt. Als ich ihn auf seinen beeindruckenden Großeinkauf im örtlichen Supermarkt ansprach, antwortete er nur: „Ich habe eine Frau zu Hause…“ Julia, 92 Jahre alt, die früher als Hebamme und Krankenschwester arbeitete, lebt in einem Altenheim in Pajala, Nordschweden. Monatelang wurde sie aus Angst vor Corona isoliert, bis sie sich schließlich wehrte: „Man muss doch unter Menschen sein…“ Hakan, ein Sami, füttert seine Rentiere. Weil der erste Schnee im November durch die Klimaerwärmung so feucht vom Himmel fällt, dass er am Boden zu Eis gefriert, verhungern in Lappland mittlerweile jeden Winter Tausende Rentiere. Eigentlich können sie das Futter durch den meterhohen Schnee riechen, doch das Eis verhindert das. Neugierig drückt ein kleines Mädchen seine Nase an die Fensterscheibe eines Hauses in der Nähe von Stockholm. Seine Eltern, Sofie und Peter, beide in ihren Dreißigern, erkrankten schwer an COVID-19 und verloren dabei nicht nur ihren Geruchsinn, sondern auch das Vertrauen in ihre Regierung. Vor allem der Vater leidet bis heute unter den Spätfolgen. Dua, die vor vielen Jahren aus dem Irak nach Schweden kam, mit ihrer kleinen Tochter… Viele Migrantinnen arbeiten in der Altenpflege. Sie waren es, die den Sterbenden oft in den letzten Stunden ihres Lebens beistanden, weil Angehörige nicht mehr zu ihnen durften. Aus der Tragödie wurde ein nationales Trauma. Stockholm, Januar 2021: Manche Gesichter erzählen von der Angst vor einer Infektion. Stockholm im Dezember: Schon gegen 14.30 Uhr beginnt die Dämmerung. „The future is currently under construction“: Es ist das Lebensgefühl im Dezember 2020, nicht nur in Schweden.

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